Qualitätsmanagement in der Zahnarztpraxis - Anforderung vs. Nutzen!

In vielen Zahnarztpraxen erlebe ich, dass QM weiterhin als lästiges Übel, statt als wirkliche Hilfe wahrgenommen wird. Dabei bietet es einen echten Mehrwert in vielen Bereichen, wenn man es richtig versteht und anwendet. Ich möchte in diesem Artikel einmal auf die häufigsten Probleme und ihre Lösungswege eingehen. Vielleicht sehen Sie Qualitätsmanagement danach aus einem anderen Blickwinkel?

Mir geht es bei diesen Themen weniger um die grundlegenden Dinge, wie die Umsetzung der Hygienemaßnahmen. Vielmehr geht es mir um die sogenannten "Softskills".  Bei der Umsetzung meiner Arbeit höre ich oft Sätze wie: "Vieles verstehe ich ja noch, wie die Hygienevorschriften oder den Arbeitsschutz. Aber warum soll ich interne Kommunikation oder Fehlermanagement betreiben? Wir reden auch ohne QM täglich miteinander!" Das ist durchaus richtig. Jedoch erlebe ich immer wieder, dass Abläufe nicht optimal umgesetzt werden und es zu Unzufriedenheiten im Praxisalltag kommt. Und mit genau diesen Bereichen des QM-Systems, können diese positiv verändert werden.

Ich erlebe auch häufig, dass Zahnarztpraxen sich durch die Vorschriften in der Individualität ihrer Abriet eingeschränkt fühlen. Aber sind wir wirklich eingeschränkt? Ich finde ganz klar nein! Denn die QM-Richtlinie bildet zwar auf den ersten Blick eine Menge Anforderungen, die erdrückend und standardisiert erscheinen, sie lassen einem bei genauem Hinsehen jedoch einen großen Spielraum in Bezug auf die Umsetzung. Und genau auf diesen Spielraum und die Möglichkeiten die sich dahinter verbergen, möchte ich heute eingehen. 

Wo sind die Knackpunkte im Alltag?

 

Der Praxisablauf verspätet sich, die Patienten beschweren sich über die langen Wartezeiten und die Mitarbeiter über die Überstunden.  Wieder wurde ein Aufbereitungsprozess nicht freigegeben, ein Behandlungszimmer nicht aufgefüllt und Materialien nicht rechtzeitig bestellt. Im Behandlungszimmer geht es mal wieder länger, weil etwas Unvorhergesehenes dazu kam, jedoch wurde das nicht an die Rezeption weitergegeben. Wir haben das Gefühl, dass wir unseren Aufgaben nur noch hinterherrennen, statt wirklich mit Sorgfalt unsere Arbeit erledigen zu können. Der beliebteste Satz den ich höre: "Wir haben einfach keine Zeit!" Doch haben wir wirklich keine Zeit oder sollten wir einfach unsere Prozesse überdenken? Ich denke der zweite Punkt ist der richtige Ansatz. Wir sollten einfach mal unsere Prozesse überdenken. Und genau da kommen die Anforderungen wie Interne Kommunikation, Schnittstellenmanagement, Mitarbeiterbefragungen, Praxisziele, Fehlermanagement etc. ins Spiel.

 

Ich weiß, der erste Schritt ist immer der Schwerste. Letztendlich müssen wir uns nämlich alle an einen Tisch setzen und uns bewusst machen was schiefläuft, um dann die Dinge ändern zu können. Und da Menschen sich nicht gerne mit Fehlern beschäftigen und Änderungen im ersten Moment Mehrarbeit bedeuten, schiebt man das gerne vor sich her. Es hat ja immerhin bisher auch irgendwie funktioniert. Aber eben "irgendwie" ist genau der Knackpunkt.

 

Welche Anforderungen helfen uns, diese zu verbessern?

 

Fangen wir also mit der internen Kommunikation an. In der Richtlinie wird gefordert, dass wir interne Kommunikation betreiben sollen.  Das geschieht in Form von Teamsitzungen. Meiner Erfahrung nach werden Teamsitzungen erstmal als lästige Mehrarbeit angesehen. Jedoch stellen sie sich nach einer Zeit als echten Mehrwert raus. Um etwas zu ändern, reicht es nicht Probleme zwischen Tür und Angel zu besprechen. Also sollten wir uns feste Termine setzen, in denen alles in Ruhe besprochen werden kann. Diese Termine sollten in der Arbeitszeit einen festen Platz bekommen und auch eingehalten werden.

 

In diesen Sitzungen erhalten alle Beteiligten den Raum offen und ehrlich zu besprechen, wo es gerade hakt. Wichtig ist, dass niemand an den Pranger gestellt wird, sondern dies als Chance zu einer Besserung gesehen wird. 

 

Patientenbeschwerden kommen in jeder Praxis vor. Je nach Organisation mal mehr und mal weniger.  In der Richtlinie wird gefordert, dass wir ein Beschwerdemanagement betreiben sollen. Doch wozu? Es ist recht einfach. Schreiben wir uns Informationen nicht auf, werden Sie nach einer Zeit wieder vergessen, oder wir sehen gar nicht, wie häufig eine bestimmte Beschwerde eigentlich vorkommt. So ist es auch nicht möglich, effektiv etwas zu ändern. Zahlen, Daten, Fakten sind der Schlüssel zur Veränderung! Nur wer sich Informationen visualisiert und diese in Zahlen ausdrücken kann, kann sich auch wirklich effektiv Ziele setzen. Hierzu ein Beispiel: Wir haben häufig Verspätungen im Praxisablauf und die Patienten beschweren sich immer wieder darüber. Wir selbst nehmen das einfach so hin und merken eigentlich gar nicht wie oft es wirklich vorkommt. Das Problem kann jedoch sein, dass wir Patienten dadurch verlieren, evtl. auch durch Mundpropaganda den ein oder anderen potentiellen Neupatienten nie bei uns begrüßen dürfen. Es ist erwiesen, dass negative Meldungen eher die Runde machen, als die Positiven. Dies sollte man sich bewusst machen. Wenn wir nun aber die Beschwerden aufschreiben, und diese in der Teamsitzung besprechen, sehen wir was das tatsächlich in Zahlen bedeutet. So können wir auch den nächsten Punkt der Richtlinie effektiv und einfach umsetzen, das Festlegen von Praxiszielen.

Wir haben in den letzten drei Monaten 20 Beschwerden über die Wartezeiten. Nun können wir sagen, dass wir die Beschwerden auf 10 senken möchten. Jeder weiß nun genau was das Ziel ist. Das stärkt zum einen das Teamgefühl und motivert zudem auch noch.  Wäre es nicht toll, wenn wir gemeinsam drei Monate später dieses Ziel erreichen könnten? Vielleicht können wir uns auch mit etwas belohnen, wenn wir es geschafft haben. Das steigert zusätzlich die Motivation diese Aufgaben zu bewältigen. Da aber nicht einfach nur die reine Zahl eine Änderung herbeiruft, müssen wir uns natürlich überlegen was wir ändern müssen. Das heißt wir legen einen neuen Prozess fest. Auch das wird in der Richtlinie gefordert. Vielleicht liegt das Problem darin, dass die Behandlungen morgens schon verspätet anfangen. In dem Fall muss man schauen woran das liegt. Oder es sind vielleicht die Behandlungszeiten nicht optimal festgelegt. Dann sollten man diese gemeinsam überdenken und auf eine Fehlerliste schreiben. Schon haben wir auch diese Forderung der Richtlinie erfüllt und uns die Probleme vor Augen geführt. Die Ziele werden anschließend auf der Zielliste festgelegt und mit Verantwortlichkeiten und Aufgaben terminiert. Und schon haben wir auch die Anforderungen der Praxisziele erfüllt.

 

Ebenso finde ich es sinnvoll, immer wieder ein vier Augen Gespräch zwischen Chef und MitarbeiterIn zu führen. Viele Dinge werden im Alltag doch nicht angesprochen und können in einem festen Termin effektiv besprochen werden. In großen Firmen gehört das schon sehr lange zum Alltag. In Mitarbeitergesprächen werden die Arbeitsleistungen, Probleme und Wünsche offen besprochen und auch so kann einiges besser bewältigt werden.  Seit der letzten Änderung ist auch dieser Punkt Pflicht in der Richtlinie geworden.

 

Auch Probleme zwischen Schnittstellen wie Rezeption und Behandlungszimmer können negativ behaftet sein und uns im Alltag ausbremsen. Werden Informationen aus dem Zimmer nicht weitergegeben, kann die Rezeption auch nicht handeln und evtl. einen Patienten vorab telefonisch informieren, dass es zu einer Verzögerung seines Termins kommt. Patienten empfinden das als äußerst positiv, wenn Sie informiert werden und evtl. noch schnell etwas erledigen können, statt wieder eine Stunde warten zu müssen. Oder aus dem Zimmer wird die Information nicht weitergegeben, dass ein Material ausgeht. So kann die zuständige Mitarbeiterin nicht handeln und es kommt zu einem Engpass. Wichtig ist, sich dafür Prozesse zu überlegen, die für diese Probleme eine Lösung bieten. Das kann einem viel Ärger und Zeit einsparen. Und auch somit hat man wieder einen Abschnitt der Richtlinie erfüllt.

 

Fazit:

Wenn wir uns wirklich einmal vor Augen führen wo es hakt und uns effektiv an die Änderungen machen, können wir mit Hilfe dieser QM-Anforderungen einiges zum Positiven umwandeln. Und ich finde, es lässt uns eine Menge Spielraum wie wir das umsetzen. 

 

Ich selbst habe große Freude daran, positive Änderungen zu erleben und fühle mich stets motiviert dabei. Ich hoffe ich konnte Sie mit meinem Blickwinkel ebenfalls für die Umsetzung dieses Themas begeistern.

 

Ich wünsche Allen ganz viel Freude und Motivation bei der Umsetzung!

 

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